221111_Blog_NewGastro1.jpg

New Gastro - neue Wege zum Erfolg

Seit Jahresbeginn hat der Markt im kulinarischen Tagesgeschäft an Dynamik gewonnen. Von früh morgens bis zum Feierabend: Speziell in urbanen Lagen hat sich die Kundennachfrage nach schneller, guter und gesunder («fast good») Verpflegung stark etabliert. Wir sprachen mit Genussexperte Andrin C. Willi über neue Geschäftsmodelle und aktuelle Trends.

221111_Blog_NewGastro_Willi.jpeg

Interview

Zur Person: Vor seiner Selbständigkeit war Andrin Willi Chefredakteur und Geschäftsführer der marmite verlags ag, Chefredakteur der Zeitschrift «Salz & Pfeffer», Redaktionsleiter der Weinzeitschrift «Vinum» sowie Reporter und Moderator von TV-Kochsendungen bei Radiotelevisiun Svizra Rumantscha. Er kann eine Ausbildung an der Schweizerischen Hotelfachschule Luzern SHL sowie mehrjährige Praxis in Fünfsternehotels in der Schweiz vorweisen. Heute arbeitet er als Content Creator und Berater in allen Fragen, die sich um Genuss drehen. Er selbst sagt: «Ich liebe Handwerk, Geschmack, Geschichten, Qualität und Sprache, also spiele ich damit.»

Lieber Andrin, was sind aus deiner Sicht die aktuellen Herausforderungen der Gemeinschaftsgastronomie und der neuen Verpflegungsformate?
Es hat sich vieles verändert, aber kein anderer Teilbereich der Gastronomie hat so starke Veränderungen durchlaufen wie die Gemeinschaftsgastronomie und die hybriden Formate der Retail-Gastronomie. Die Geisteshaltung der «Nouvelle Cantine», die die Trendforscherin Hanni Rützler in ihrem Food Report 2019 sehr präzise beschrieben hat, hat sich bereits selbst überholt. Natürlich ist man in allen gastronomischen Betätigungsfeldern, zu denen auch die Handelsgastronomie zählt, gezwungen, umzudenken: Strukturelle Herausforderungen, Fachkräftemangel, Post-Covid, New Work, noch weniger Zeit und neue Verpflegungsbedürfnisse, neue Wertesysteme mit dem damit einhergehenden Bewusstsein
für Nachhaltigkeit, Foodwaste etc. führen zwangsläufig zu dieser Erkenntnis.

Welche 2 relevanten Trends haben sich etabliert und sich unter anderem mit der jüngeren Zielgruppe weiterentwickelt?
Gesundheit und Nachhaltigkeit sind omnipräsent. Wir wollen das Beste für unsere persönliche Gesundheit, aber auch für Mutter Erde. Die Planetary-Health-Diät wird zur Haltung und dabei geht es um weit mehr als nur um Foodwaste-Reduktion. Plötzlich sprechen junge Menschen über pflanzenbasiertes Essen, über Regionalität, Transportirrsinn, über Saisonalität und über die Folgen der weltweiten Agrarpolitik.

Wie steht es um die Themen Digitalisierung, Fachkräftemangel, High Convenience und smarte Küchen in Bezug auf die urbane «Fast Good»-Tagesverpflegung?
Die Digitalisierung nimmt an Fahrt auf, hinter und vor den Kulissen. Künstliche Intelligenz, Smart Kitchen und für den Gast personalisierte Essens-Applikationen. Da der Fachkräfte- und Kräftemangel abgefedert werden muss, werden viele Küchen und urbane Gastroformate der schnellen und guten Tagesverpflegung derzeit kompakter und digitaler. Kleine, systematisch organisierte Smart Kitchens in Kombination mit High Convenience brauchen weniger Platz. Aber sie brauchen auch stringente Konzepte, die sich an die verschiedenen tageszeitspezifischen Kundenbedürfnisse anpassen.

Zu guter Letzt: Was hat es mit dem spannenden Trend «The New Classic» auf sich und wie kann dieser gastronomisch umgesetzt werden?
New Classic oder «Grossmutters Küche neu interpretiert» ist moderner denn je, weil traditionelle Gerichte und deren Rezepturen sehr bewusst zeitgenössisch interpretiert und skaliert werden können. Diese Gerichte können auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene ausgespielt werden. Ein tolles Beispiel ist die Bratwurst mit Rösti und Zwiebelsauce. Sehr national. Verwenden Sie Kartoffeln aus dem Kanton, aus der Region, von nebenan? Vermitteln Sie es! Das Gericht muss selbstredend auch in einer Plant-Based-Variation vorliegen. Es sollte gesund sein, damit spreche ich bei diesem Beispiel vor allem die Portionengrösse an. Das Gericht ist echt und im besten Fall regional bis lokal. Damit wir aber wirklich eine neue Klassik erschaffen, muss das klassische Gericht zur eigenen Kreation werden. Gastronomen sollten die Kraft der Erinnerung, der Bekanntheit und der Erwartungen, die damit verbunden werden, nutzen. So wird daraus eine Signature-Bratwurst, saisonal aufgewertet mit beispielsweise Bärlauch. Die Zwiebelsauce ist plötzlich eine tränenlose Zwiebelsauce. Die Rösti könnte auch eine Gemüserösti sein und überhaupt sollte die vegetarische Bratwurst fast noch «gluschtiger», aber in jedem Fall als «planetary healthier» gekennzeichnet sein.

Lieber Andrin, herzlichen Dank für das spannende Interview.

 

Für Inspiration rund um das Thema "New Gastro" empfehlen wir die Lektüre unserer Broschüre zum Thema: LINK

 

221111_Blog_NewGastro2.jpg